Stolpersteine
Ein Projekt gegen das Vergessen, für Menschen und ihre Namen

Das "Stol­per­stein-Pro­jekt" wur­de von dem Köl­ner Künst­ler Gun­ter Dem­nig in Le­ben ge­ru­fen. Ein Stol­per­stein er­in­nert ganz kon­kret an ei­nen Men­schen, der Op­fer der NS-Ge­walt­herr­schaft wur­de. Gun­ter Dem­nig lässt vor der letz­ten in Frei­heit ge­wähl­ten Woh­nung eine Ge­denk­ta­fel aus Mes­sing in den Bür­ger­steig ein. Eu­ro­pa­weit hat Gun­ter Dem­nig weit mehr als 10.000 Stol­per­stei­ne in über 200 Ort­schaf­ten ver­legt. "Ein Mensch ist erst ver­ges­sen, wenn sein Name ver­ges­sen ist", sagt Gun­ter Dem­nig. Mit den Stei­nen vor den Häu­sern hält er die Er­in­ne­rung an die Men­schen le­ben­dig, die einst hier wohn­ten. Auf den Stei­nen steht ge­schrie­ben: HIER WOHN­TE... Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch".  Akt­uel­les und mehr zu die­sem Pro­jekt ist der In­ter­net­sei­te www.stolpersteine.com zu ent­neh­men.

Die Stadt Bo­chum hat sich die­ser Pro­jekt­idee an­ge­schlos­sen, um an sei­ne Bür­ger und Bür­ge­rin­nen zu er­in­nern, die in die­ser schreck­li­chen Zeit aus ih­ren Woh­nun­gen ver­schleppt und er­mor­det wur­den. Ein Stol­per­stein wird dann ver­legt, wenn sich ein Pate fin­det, der ver­sucht, Le­bens­spu­ren und Le­bens­da­ten des er­mor­de­ten Men­schen auf­zu­spü­ren und sicht­bar zu ma­chen. In Wat­ten­scheid ha­ben Schü­le­rin­nen und Schü­ler der Ma­ria Si­byl­la Me­ri­an-Ge­samt­schu­le die­se Pa­ten­schaf­ten über­nom­men. Im Ge­schichts­un­ter­richt stell­ten sie sich die Auf­ga­be, Le­bens­spu­ren von ehe­ma­li­gen Watt­en­schei­der Bür­ger/in­nen nach­zu­zeich­nen. Im Stadt­ar­chiv, und von dort mit Un­ter­stüt­zung durch Herrn Hal­wer, durch­such­ten un­se­re Schü­ler/in­nen Ein­woh­ner­ver­zeich­nis­se, Te­le­fon­bü­cher, Mik­ro­fil­me von Ta­ges­zei­tun­gen, Ge­burts- und To­des­an­zei­gen, Ver­eins­re­gis­ter, Ge­richts­pro­to­kol­le, Fach­bü­cher, stu­dier­ten die Stadt­plä­ne, such­ten Häu­ser und Grä­ber, führ­ten Ge­sprä­che mit ehe­ma­li­gen Nach­barn und Nach­kom­men und ver­such­ten, Fo­tos von den Häu­sern und den Per­so­nen zu fin­den. In ei­nem Fall hat­ten un­se­re jun­gen For­scher/in­nen gro­ßes Glück noch auf di­rek­te An­ge­hö­ri­ge zu tref­fen.

Schü­le­rin­nen und Schü­ler des 11. Jahr­gangs, be­treut von Herrn Breu­er, leg­ten mit dem Künst­ler zu­sam­men am 22. No­vem­ber 2006 drei Stol­per­stei­ne für die Mit­glie­der der Fa­mi­lie Lieb­reich. Ju­li­us Lieb­reich, ein ge­ach­te­ter Kauf­mann, der mit sei­ner Frau Gre­te, geb. Spie­ro, und sei­nen drei Söh­nen Bernd, Hans und Rudi im Haus Wes­ten­fel­der Str. 44 wohn­te, wur­de mit sei­ner Frau und dem jüngs­ten Sohn am 28. Feb­ru­ar 1943 nach Au­schwitz de­por­tiert und dort um­ge­bracht. Die bei­den äl­te­ren Söh­ne konn­ten sich noch 1939 nach Eng­land in Si­cher­heit brin­gen. Ber­nard Le­wis, so heißt Bernd Lieb­reich heu­te, nahm 86-jäh­rig mit sei­nem Sohn Dan und sei­ner Toch­ter an der Ver­le­gung der Stol­per­stei­ne für sei­ne El­tern und sei­nen Bru­der in sei­ner ehe­ma­li­gen Hei­mat­stadt teil und hielt tief be­wegt die Stol­per­stei­ne in sei­nen Hän­den. Durch Ih­ren Be­such un­ter­strich die Fa­mi­lie Le­wis, wel­che Be­deu­tung die Stol­per­stei­ne auch für die ei­ge­ne Fa­mi­li­en­ge­schich­te ha­ben und dank­ten den Schü­lern/in­nen für ihre Ar­beit und da­für, dass sie die Er­in­ne­rung an sei­ne El­tern und sei­nen Bru­der in Wat­ten­scheid auf­recht er­hal­ten.

Am glei­chen Tag wur­den wei­te­re fünf Stol­per­stei­ne für die Fa­mi­lie Hugo Groß und des­sen Schwie­ger­mut­ter Jo­han­na Spie­ro in der Stre­se­mann­stra­ße ver­legt. Schü­ler/in­nen aus der Klas­se 10.c, betreut von Frau Bugs-Schwill, hat­ten Spu­ren von Hugo Groß und sei­ner Fa­mi­lie sicht­bar ge­macht. In der Ost­stra­ße führ­te die Fa­mi­lie ei­nes von drei gut ge­hen­den Schuh­ge­schäf­ten. Hugo Groß wohn­te mit sei­ner Ehe­frau Martha, geb. Spie­ro, ih­ren bei­den Kin­dern Inge und Heinz so­wie der Schwie­ger­mut­ter Jo­han­na Spie­ro im Haus Hein­richstr. 42, die heu­te Stre­se­mann­stra­ße heißt. Alle fünf Mit­glie­der der Fa­mi­lie Groß/Spie­ro wur­den im Ap­ril 1942 "eva­ku­iert" und gel­ten seit dem als ver­schol­len. Jo­han­na Spie­ro kam wahr­schein­lich im Ver­nich­tungs­la­ger So­bi­bor ums Le­ben. Ber­nard Le­wis nahm auch an die­ser Ver­le­gung teil, denn Jo­han­na Spie­ro war sei­ne Groß­mut­ter und Martha Groß sei­ne Tan­te.

Am 11. Mai 2007 ver­leg­ten Schü­ler der Klas­se 10.b, eben­falls be­treut von Frau Bugs-Schwill, ei­nen Stol­per­stein für den Kauf­mann Sa­lo­mon Mei­se­les, der im Haus Hoch­stra­ße 42 ein Alt­wa­ren­ge­schäft be­trieb. Sa­lo­mon Mei­se­les wur­de im Zuge ­der Vers­chlep­pun­gen zur Reichs­po­grom­nacht im No­vem­ber 1938 als jü­di­scher Bür­ger in das KZ Sach­sen­hau­sen ge­fan­gen ge­hal­ten. Un­se­re Schü­ler/in­nen fan­den schrift­lich fi­xier­te Zeu­gen­aus­sa­gen und Ge­richts­pro­to­kol­le, aus de­nen her­vor­geht, wie Sa­lo­mon Mei­se­les von ei­nem SS-An­ge­hö­ri­gen im KZ Sach­sen­hau­sen mehr­fach schwer miss­han­delt und ver­prü­gelt wur­de, so dass So­a­lon Mei­se­les an die­sen Ver­let­zun­gen starb. Es ge­lang ihm nicht mehr, sein Haus recht­zei­tig zu ver­kau­fen und sei­nen Kin­dern nach Pa­läs­ti­na zu fol­gen, die Deutsch­land be­reits 1935 ver­las­sen hat­ten.

Zu­rzeit ar­bei­ten Schü­ler/in­nen des 11. Jahr­gangs, be­treut von Frau Bugs-Schwill an der Do­ku­men­ta­ti­on für die Fa­mi­lie Ernst Rött­gen. Es wer­den vier Stol­per­stei­ne sein, die am 02. No­vem­ber 2007 von Gun­ter Dem­nig am Al­ten Markt ver­legt wer­den. Wie auch in den an­de­ren Fäl­len wer­den die sicht­ba­ren Spu­ren und Da­ten der Fa­mi­lie Rött­gen im Novem­ber wird im Mu­se­um der Stadt Bo­chum der Öf­fent­lich­keit vor­ge­stellt. Die Ar­bei­ten der Schü­ler/in­nen wer­den im "Haus der Ge­schich­te" der Stadt Bo­chum für ein "Bür­ger­buch" zu­sam­men ge­stellt, da­mit die­se ehe­ma­li­gen Mit­bür­ger/in­nen nicht ver­ges­sen wer­den.        

Mar­tin Breuer

Besuch: Neue Synagoge Bochum
Interessierte 10er-Klassen nehmen Einblick im Rahmen des Stolperstein-Projekts
03.09.2009: Bereits in der vergangenen Woche besuchten die Klassen 10d und 10e (Klassenlehrer: Frau Kleffmann und Herr Reichstein) die neue Synagoge für Bochum, Herne und Hattingen, welche neben dem Planetarium erbaut wurde. Jetzt erhielten Sie Einblicke in die Rituale...
von Romina Leiding (Jg. 13)
Zeitzeugengeschichte
Grimme-Preis
Auf der preisgekrönten Internetseite: Zeitzeugengeschichte.de findet man Zugang zu Projektarbeiten mit Bild und Ton.