Esterwegen - Erinnerungskultur

Die ehemalige 10a unternahm eine Fahrt gegen das Vergessen

Esterwegen

Ein Name, tausende Geschichten


Am Freitag den 06.06.2014 ist meine Klasse (10a) nach Esterwegen in das ehemalige Konzentrationslager im Emsland gefahren. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele von euch mit dem Namen nicht viel anfangen können, deshalb erzähle ich euch kurz etwas darüber.

In der Zeit des Zweiten Weltkrieges wusste so gut wie jeder Deutsche mit dem Namen etwas anzufangen.
Das KZ-Lager in Esterwegen wurde 1933 im Moorgebiet errichtet, um dort Gegner des Nationalsozialismus aus dem Weg zu schaffen. Bis 1945 waren dort mehrere tausend Menschen eingesperrt. Sie wurden zur Arbeit im Moorgebiet gezwungen, gedemütigt und misshandelt.


Wie schon erwähnt, sind wir am 06.06 nach Esterwegen gefahren. Zufälligerweise ein ebenfalls historisches und elementar wichtiges Ereignis des Zweiten Weltkrieges: Der 6. Juni wird auch D-Day genannt. Damit wird im Englischen der Stichtag einer wichtigen militärischen Operation bezeichnet. Am diesem Tag sind die Alliierten (Gegner des Deutschen Reiches z.B. USA, England) in der Normandie (Frankreich, zu der Zeit besetzt von Deutschland) gelandet.


Aber jetzt zum Ausflug. Nach langer und intensiver Vorbereitung im Gesellschaftslehre-Unterricht haben wir uns gemeinsam als Klasse dafür entschieden, eine Exkursion zu einer Gedenkstätte des Zweiten Weltkrieges zu unternehmen. Zuvor hatte der größte Teil meiner Klasse von Esterwegen noch nie etwas gehört. Umso spannender war es für uns. Wir haben uns auf etwas vollkommen Unbekanntes eingelassen. Am Freitagmorgen sind wir um 8 Uhr von der Schule abgefahren.

Die Fahrt dauerte ca. 3 Stunden. Endlich angekommen sind wir bei super Wetter zum Eingang gelaufen. Unser Gruppenleiter Kurt Buck erzählte uns zur Einführung die dramatischen und beeindruckenden Schicksale einzelner Häftlinge aus den KZ-Lagern im Emsland, die er persönlich durch Familienmitglieder ehemaliger Häftlinge des KZs erfahren hatte und teilweise heute noch erfährt.


Gekonnt und vor allem sehr bewegend brachte uns Kurt Buck diesen Abschnitt deutscher Geschichte verständlich und nachvollziehbar nahe. Vom ersten Wort an erkannte man, mit was für einer Überzeugung und Leidenschaft dieser Mann seinen Job ausübt. Diese Überzeugung gab er mit seinen lebendigen Darstellungen an uns weiter. Mitgezogen durch diese Präsentation gingen wir in die Ausstellung mit wichtigen Informationen, Bildern und vor allem der Darstellung einzelner Schicksale und privater Eindrücke und Gegenstände der Ex-Häftlinge. Jeder einzelne von uns ging interessiert und aufmerksam und sehr still durch die Ausstellung und konnte sich dort seine eigenen Gedanken machen.

Über einen unauffälligen stegartigen Weg gingen wir später auf eine unvorstellbar große und eindrucksvolle Waldfläche. Vorher fiel uns auf, dass wir durch eine Öffnung in einer Mauer liefen, ohne eine Ahnung, wo wir uns in dem Moment befanden. Kurt Buck erklärte uns, dass wir auf dem Gelände des ehemaligen Esterwegen-Lagers standen. Leicht erschrocken, aber auch erstaunt schauten wir uns um und hörten noch aufmerksamer zu als vorher schon. Es war nicht wiederzuerkennen Wir mussten uns alles vorstellen. Dort, wo damals die Häftlings-Lager gestanden haben, stehen Unmengen an Bäumen, die knapp zwei Meter hoch sind und genau die Fläche der einzelnen Lager einnehmen. Die architektonische Arbeit dort ist nicht zu beschreiben, man muss sie sich einfach angucken.

Am Ende verabschiedeten und bedankten wir uns mit einem großen Beifall für Herrn Buck und diese großartige Arbeit der gesamten Gemeinschaft der Gedenkstätte Esterwegen. Wir haben Einiges wieder-gefunden und Vieles dazu gelernt. Einen besseren Ort, um der Geschichte nahe zu kommen, habe ich zuvor nicht gesehen. Ich persönlich kann einen Ausflug dorthin nur empfehlen, wenn man Interesse an der Geschichte hat oder einfach nur, um sich zu informieren und zu lernen. Privat oder mit der Schule, beides kann sehr spannend sein.


Der lange Weg dorthin wird durch die beeindruckende Zusammenarbeit vieler Menschen dort wieder gut gemacht. In Esterwegen werden die Menschen in den Vordergrund gestellt und nicht die Grausamkeiten und Brutalitäten. Die Gedenkstätte ist einladend und gerade für uns Jugendliche, die einen neuen Zugang zu diesem Kapitel unserer Geschichte suchen, sehr hilfreich.

Leonora Kunusevci (10a)

Fotos: Jürgen Furmaniak