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Unterrichtsprojekte:  Krimis aus dem 10. Jahrgang

Ein alter Traum vom Film

Es ist Abend in den Prived-Filmstudios. Eher früher Abend. Es ist so gegen 18.00 Uhr. Charly Graham, ein Fernsehdetektiv der ersten Stunde, sitzt mit einem namhaften Produzenten und dessen Frau bei der Erstaufführung des neuen Films im Vorführraum. Mit ihnen schauen zwei Schauspieler, der Tontechniker und der Cutter zu. Mit Charly sind es 7 Leute. Charly ist ein Mann in den besten Jahren. Er ist 1,80 m groß und sein Körper ist muskulös. Seine dunklen Haare werden an den Schläfen bereits grau. Seine grünen Augen blicken ein wenig schläfrig und täuschen über seinen messerscharfen, klaren Verstand hinweg. Er ist ein tüchtiger und intelligenter Mann. Die Drehbücher zu all seinen Filmen als Detektiv schrieb er selbst. Neben ihm sitzt der Schauspieler Daniel Bridman (in Charlys letztem Film war er das Opfer). Ein verträglicher, sympathischer und gutaussehender Mann, den man als Frauenliebling bezeichnen könnte. In der letzten Reihe hat Mr. Otto Morrow, der Produzent seiner Filme, Platz genommen. Ein unscheinbarer Mann. Alles an ihm ist grau. Die Haare, die Augen, die Gesichtsfarbe und selbst der Anzug. Was bei ihm grau ist, das ist bei seiner Frau rot. Keiner der Rottöne paßt zueinander und es tut den Augen weh sie länger anzusehen. Sie sitzt neben ihrem Mann. Der Schauspieler Christoph Cotton (im letzten Film war er der Mörder) nahm in der letzten Reihe ganz außen Platz. Privat ist Cotton ein ziemlich brutaler Kerl und es hätte auch niemanden gewundert, wenn er auch dort zum Mörder geworden wäre. In der Reihe vor Charly saß Joseph Matini, der Tontechniker. Er war wie immer übernervös und seine Haare standen strubbelig von seinem kantigen Kopf ab. Seine dunkle Brille saß etwas schief auf seiner Nase. Wie immer hatte er sein Notizbuch dabei und er kaute hektisch auf seinem Bleistift herum. Direkt neben ihm hatte der Cutter Roman Mendozza Platz genommen. Er sah aus wie eine Mann von der Straße. Anzug, korrekter Haarschnitt und blankgeputzte Schuhe. Seine Cuttertasche lag auf seinem Schoß. Es wurde dunkel in dem kleinen Filmstudio und alles schaute gebannt zur Leinwand. Mrs. Morrow rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her. Schon nach 10 Minuten stand sie auf, entschuldigte sich, und verließ den Raum. Der Film wurde spannender und fesselte die Anwesenden. Mitten in einer leisen Szene gab es ein metallisches dumpfes Klopfen. Der Tontechniker stutzte und notierte sofort etwas in seinem Buch. Charly sah dies, denn er blickte über Mr. Matini hinweg zur Leinwand. Dann jedoch bemerkten sie die Tür, die sich leise öffnete und wieder ins Schloß fiel. Keiner achtete auf die Person, die sich neben Mr. Morrow setzte. Jeder nahm an, daß es Mrs. Morrow war, die von der Toilette zurückgekehrt war. Sonst gab es keine weiteren Störungen und alle sahen zufrieden auf das Ergebnis ihrer Arbeit. Der Film war gelungen und so atmeten sie auf, als das Licht anging und sie im ersten Augenblick blendete. Sie sahen erfreut einander an. Doch dann stutzten sie und schauten verwundert, denn keiner von ihnen hatte bemerkt, daß Mr. Morrow während der Vorführung den kleinen Raum verlassen hatte. Alle wunderten sich, denn es war nicht üblich, daß der Produzent vor dem Ende eines Films den Raum verließ. Es sei denn, er war nicht mit dem Ergebnis zufrieden. Ein Schrei zerriß die Stille. Mrs. Morrow hatte ihn ausgestoßen. Sie blickte mit weit aufgerissenen Augen auf die am Boden liegende Gestalt. Zuerst hatte sie gedacht, ihr Mann suche etwas auf dem Boden, aber dann sah sie das Blut, das aus einer großen Wunde am Hinterkopf floß. Eine große Lache bedeckte bereits den Teppich und auch die Filmrolle, die auf dem Stuhl neben ihr lag, war über und über mit Blut bedeckt. Entsetzen breitete sich unter den Anwesenden aus. Nur Charly behielt seinen aus vielen Darstellungen als Detektiv erprobten Verstand. Er eilte aus dem Vorführraum und rief die Mordkommission an. Dann kehrte er zurück, sicherte den Tatort und grübelte über den Tathergang nach. Die Spurensicherung durch die Polizei blieb erfolglos. Es fanden sich keine Fingerabdrücke auf der Mordwaffe, einer Filmrolle. Jeder Einzelne wurde verhört. Die Aussagen wurden miteinander verglichen. Aber es gab nichts Verdächtiges, was den Mörder überführt hätte. Daniel Bridman und Charly saßen direkt nebeneinander, so daß es aufgefallen wäre, wenn einer von ihnen aufgestanden und in die letzte Reihe gegangen wäre um Mr. Morrow zu ermorden. Der Cutter und der Tonmischer befanden sich in ihrem Blickfeld. Sie konnten es darum auch nicht gewesen sein. Somit hatten diese vier Personen ein Alibi und schieden als Täter aus. Mrs. Morrow sagte bei der Polizei aus, daß Mr. Cotton mit ihr zusammen den Raum verlassen hätte. Mr. Cotton bestätigte diese Aussage und gab an, in der Pförtnerloge gewesen zu sein. Der Pförtner war aber nicht anwesend. Nachdem Mrs. Morrow von der Toilette zurückkam, sei er zusammen mit ihr wieder in den Vorführraum zurückgekehrt und sie hätten wieder ihre alten Plätze eingenommen. Somit stimmten diese beiden Aussagen überein. Diese Aussage brachte Charly auf einen Gedanken. Die Tatwaffe war eine Filmrolle. Diese Filmrollen wurden in der Pförtnerloge aufbewahrt und der Weg zwischen Pförtnerloge und Vorführraum betrugt nur wenige Meter. Diesen Weg konnte man in wenigen Sekunden zurücklegen. Wenn Mr. Cotton von der Pförtnerloge in den Vorführraum allein vor Mrs. Morrow gekommen wäre, hätte die Tür erneut auf und zu und nach dem Verlassen des Vorführraums nochmals geöffnet und geschlossen werden müssen. Sonst hätte er nicht wieder in der Loge auf Mrs. Morrow warten können. Aber keinem der anderen Anwesenden waren so viele Störungen aufgefallen. Bei diesen Ausführungen fiel es Mrs. Morrow wieder ein. Ihr fiel auf, daß der Pförtner in der Tür gestanden, sie aufgehalten und in den dunklen Raum geschaut hatte. Das war der entscheidende Hinweis für Charly. Da die Tür sich nur zweimal öffnete und schloß und beim zweitenmal laut Mrs. Morrow und Mr. Cotton niemand in der Nähe gewesen war, mußte also der Täter sich noch im Vorführraum versteckt halten. Aber wo war das möglich? Die Polizei hatte doch den Tatort genau überprüft. Charly blickte sich um. Da fiel ihm ein alter Kriminalfilm ein. Sein Blick fiel auf die Wandvertäfelung. Wie in seinem Film entdeckte er eine versteckte Tür, die in einen Abstellraum führte, der früher zum Aufbewahren der Filmrollen genutzt worden war. Dies war nur wenigen Menschen bekannt. Aber sicher dem Pförtner, der schon seit zwanzig Jahren hier arbeitete. Sicher wußte er wie man sie öffnete. Charly zeigte der Polizei dieses Versteck. Mr. Bridman wußte, wie man die Tür öffnete, denn auch er war bereits als Kinderstar in diesem Studio und hatte damals durch Zufall den Mechanismus entdeckt. Die Polizei betätigte den Mechanismus und die Tür öffnete sich fast geräuschlos. Dahinter kauerte der Pförtner. Jetzt interessierte Charly nur noch eine Frage: Warum? Der Pförtner sagte aus: "Seit zwanzig Jahren bewerbe ich mich um eine Rolle in einem Film bei Mr. Morrow. Als ich heute in der Tür stand, sah ich, daß Mr. Morrow meine erneute Bewerbung ungeöffnet zerriß. Da kam eine solche Wut in mir hoch, daß ich in den dunklen Raum schlich, die dort liegende Filmrolle nahm und ihm auf den Kopf schlug. Als ich merkte was ich getan hatte, schlich ich mich unbemerkt zu dieser alten Kammer und versteckte mich. Ich konnte ja nicht ahnen, daß außer mir noch jemand von ihr wußte." Damit hatte Charly den echten Kriminalfall für die Polizei gelöst, so wie er es schon oft in seinen Filmen getan hatte.

Sebastian Kialka

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